Um hier endlich mal wieder ein bisschen Buchcontent einzubringen, stelle ich euch heute die fünf Bücher in Kurzform vor, die ich im Januar gelesen habe. Richtige Rezensionen sind das noch nicht, aber wir kommen der Sache wieder näher. 😉
Seit dem ersten Corona-Lockdown lese ich hauptsächlich E-Books. Die Buchhandlungen durften hier in Berlin zwar die ganze Zeit geöffnet bleiben, aber das Stöbern macht mir unter den aktuellen Bedingungen weniger Spaß und außerdem versuche ich unnötige Wege mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu vermeiden. Stattdessen lasse ich mich im Moment – neben meiner unerschöpflichen Muss-ich-irgendwann-mal-lesen-Liste – vor allem von den Empfehlungen auf meinem E-Reader inspirieren.
Super reich (Polly Horvath)

Rupert ist zehn und seine Familie ist zwar reich an Kindern, ansonsten aber ziemlich arm. Als er sich durch Zufall auf das Grundstück der stinkreichen Familie Rivers verirrt und kurzerhand zum Weihnachtsessen samt Spieleabend eingeladen wird, kann er sich das natürlich nicht entgehen lassen. Zum ersten Mal in seinem Leben kann sich Rupert richtig sattessen und noch dazu jede Menge Preise gewinnen. Das Glück scheint schon zum Greifen nah, als Rupert alles wieder verliert. In den nächsten Wochen kreuzen sich die Wege von Rupert und den Rivers immer wieder, die nun ein schlechtes Gewissen zu haben scheinen. Jedes Familienmitglied nimmt den Jungen mit auf ein skurriles Abenteuer, das mal mehr und mal weniger magisch ausfällt. Von Zeitreisen in Pappkartons über schwebende Restauranttische bis hin zu einem verpatzten Bankraub ist alles dabei.
Von diesem Buch, das ich während der Weihnachtsfeiertage begann, hatte ich mir viel versprochen – vielleicht etwas zu viel. Normalerweise mag ich skurrile Charaktere sehr, aber die Familie Rivers und auch Ruperts Familie waren mir ein wenig zu überzeichnet. Ruperts Eltern wissen nicht einmal, wie viele Kinder sie haben und wie die alle heißen, geschweige denn, ob alle da sind. Und bei den Rivers ist jeder einzelne auf seine Weise abgedreht, aber das scheint keiner in der Geschichte ungewöhnlich zu finden. Was mir an diesem Kinderbuch aber besonders fehlte, waren Liebe und Wärme. Die scheint es in keiner der beiden Familien zu geben, egal ob arm oder reich. Jeder kümmert sich hauptsächlich um sich selbst, außer vielleicht Rupert, der die Preise am Weihnachtsabend auch für seine kleine Schwester gewinnen will. Zwar lernt Rupert bei jedem Ausflug mit den Rivers irgendetwas, aber diese Botschaften kamen bei mir insgesamt nicht wirklich an.
Alles in allem ein nettes Leseabenteuer in der Weihnachtszeit, das in mir aber nicht viel zum Klingen gebracht hat.
Ich war der Lärm, ich war die Kälte (Jenny Downham)

Nach dem durchwachsenen Start ins neue Jahr folgte dann gleich das Monatshighlight. Ich mag Jugendbücher mit ernsten Themen, die mich emotional berühren. Und dieses hatte es wirklich in sich, machte mich abwechselnd traurig, sprachlos und unglaublich wütend.
Auch die fünfzehnjährige Lexi ist ständig wütend. Dann wirft sie Sachen aus dem Auto, zerstört Dinge und tickt völlig aus. Kein Wunder, dass sich ihre Mutter immer mehr von ihr abwendet, ihr Stiefvater sie nicht ernst nimmt und ihr Stiefbruder, in den sie heimlich verliebt ist, lieber ins Studentenwohnheim verschwindet. Aber ist das wirklich alles ihre Schuld?
Nach und nach blickt man als Leser hinter die Fassade von Lexis Wut und erkennt, was wirklich dahintersteckt. Denn Jenny Downham erzählt nicht einfach von einer Jugendlichen mit Aggressionsproblemen in einer Patchwork-Familie. Es ist eine schockierende und sehr berührende Geschichte über emotionalen Missbrauch, Narzissmus und seine Opfer. Das Ende war ein lang ersehnter Befreiungsschlag – nicht nur für Lexi, auch für mich.
Mein schönes falsches Leben (Hilary Freeman)

Als Ella eines Morgens aufwacht, ist nichts mehr, wie es war. Sie ist plötzlich Einser-Schülerin in Fächern, die sie niemals gewählt hätte, ihre Eltern sind noch nicht geschieden und ihr Freund und ihre beste Freundin haben keinen Schimmer, wer Ella überhaupt ist. Während sie sich an dieses neue Leben zu gewöhnen und ihre Verwirrung zu vertuschen versucht, muss sie unbedingt herausfinden, was mit ihr passiert ist. Denn Ella will in ihr altes Leben zurück – um jeden Preis.
Von dieser Geschichte hatte ich mir etwas mehr versprochen. Die grundlegende Idee des Buches ist nicht neu. Die Frage, was wohl heute wäre, wenn wir in unserem Leben die eine oder andere Entscheidung anders getroffen hätten, stellen wir uns vermutlich alle mal. Ella bekommt die Antwort auf dem Silbertablett serviert, indem sie in diesem anderen Heute aufwacht. Auch das Warum dahinter ist keine neue Idee und die Auflösung kam nicht überraschend.
Generell erwartet den Leser anstelle des im Verlagstext versprochenen Nervenkitzels eher das ziemlich normale Leben eines Teenagers, wenn man vom offensichtlich Ungewöhnlichen mal absieht. Interessant fand ich aber den Aspekt, dass Ellas Entscheidungen in diesem Leben anscheinend eine völlig andere Person aus ihr gemacht haben. Entsprechend ist sie nun auf der Suche nach sich selbst – welche der beiden Ellas will sie sein, welche kann sie überhaupt noch sein? Die Auflösung am Ende passt gut zum Was-wäre-wenn-Thema des Buches, auch wenn mir diese Lösung nicht wirklich zugesagt hat.
Die Ungehörigkeit des Glücks (Jenny Downham)

Und gleich noch ein Buch von Jenny Downham, was hauptsächlich der Empfehlungsliste meines E-Readers geschuldet ist. Und er hat damit mal wieder voll ins Schwarze getroffen.
Katies Leben verändert sich von heute auf morgen, als ihre Großmutter Mary bei der kleinen Familie einzieht. Da Katies Mutter nie Kontakt zu Mary wollte, ist die Großmutter Katie und ihrem Bruder völlig fremd. Die Siebzehnjährige beginnt, sich für das stürmische Leben der alten Frau zu interessieren und rührt damit auch an Familiengeschichten, die ihre Mutter am liebsten vergessen würde. Doch Katie ist fasziniert von den Ähnlichkeiten, die sie zwischen sich und Mary entdeckt – und sie hat nicht ewig Zeit, denn Mary leidet an Demenz und vergisst mehr und mehr …
Dieses Buch war so ganz gegensätzlich zu »Ich war der Lärm, ich war die Kälte«, das mich vor allem schockierte und wütend machte. »Die Ungehörigkeit des Glücks« ist dagegen eine eher ruhige, aber emotional aufgeladene Familiengeschichte. In kleinen Puzzlestücken setzt sich das Portrait dreier Frauen zusammen, die alle auf der Suche nach ihrem persönlichen Glück sind. Der Fokus wechselt dabei zwischen Katies Leben im Heute als Jugendliche auf der Schwelle zum Flüggewerden und dem Leben von Mary, die in den Fünfzigerjahren als aufmüpfiges, abenteuerlustiges Mädchen ihren Weg sucht und ihren Drang nach Freiheit ihr Leben lang nicht ablegt. Dazwischen steht Caroline, die als Kind von Mary zurückgelassen wurde und nun ihre eigene Tochter um jeden Preis zu behüten versucht.
Ein wunderbar berührender Roman über drei Generationen von Frauen, die unterschiedlicher kaum sein könnten und nach und nach das Band entdecken, das sie trotz allem verbindet.
Killing God (Kevin Brooks)

Auch dieses Buch war ein Zufallsfund in den Tiefen der E-Book-Empfehlungen meines Readers. Der Titel klang interessant und der Klappentext ebenfalls. Ein Mädchen, das Gott töten will? Klingt erst mal seltsam.
Allerdings nur, bis man einen Blick in Dawns Leben geworfen hat. Denn Gott scheint für all das Unglück verantwortlich zu sein, das ihr in den fünfzehn Jahren ihres Lebens widerfahren ist. Er ließ zu, dass ihr Vater in zwielichtige Geschäfte verstrickt war und sonst nicht viel auf die Reihe brachte, bevor er sich zuerst Gott verschrieb und dann spurlos verschwand. Und dass er ihr zuvor Unaussprechliches antat und ihre Mutter seitdem in die Drogen- und Alkoholsucht abrutschte. Geblieben sind Dawn eine Tasche voller Geld und eine Pistole – und am Ende wird es nicht Gott sein, dessen Blut fließt.
Kevin Brooks’ Schreibstil war anfangs gewöhnungsbedürftig, passt aber sehr gut zu Dawn, der Einzelgängerin, die sich ohne den Rückhalt der Erwachsenen in ihrem Leben ihre eigenen Zusammenhänge bastelt und einen Teil von sich in ihrem Inneren weggeschlossen hält. Ihren Zorn auf Gott, der anfangs abwegig und naiv erscheint, lernt man im Laufe der Geschichte nachzuvollziehen. Umso bitterer ist die Ironie, dass ihre einzigen Freunde zwei Dackel namens Jesus und Mary sind, benannt nach ihrer Lieblingsband, deren Songs auch ihr Vater hörte. Der Vater, den Dawn nach wie vor liebt und nach dem sie sich sehnt, obwohl seine furchtbare Tat alle in der Familie für immer gezeichnet hat.
Lange plätschert die Handlung vor sich hin, bis gegen Ende plötzlich alles auf einmal passiert und sich alle Fäden – vielleicht etwas zu perfekt – zusammenfügen. Aus einer Geschichte über eine kaputte Familie, Liebe, Sehnsucht und falsche Freundschaften wird plötzlich eine über Schuld und Vergebung, dunkle Erinnerungen, Angst und ein wenig auch über das Erwachsenwerden. Aufwühlend und fesselnd bis zum Schluss.
Insgesamt war der Januar ein durchwachsener Lesemonat. Von manchen Büchern hatte ich mehr erwartet, von anderen wurde ich positiv überrascht. Welche Bücher konnten euch zuletzt total überwältigen oder auch so gar nicht begeistern?
Wuhuuuu, Buuuuuuchcontent! <3
Ich habe erst ein Buch von Jenny Downham gelesen, aber das mochte ich damals nicht so gerne. Ich stehe deinen Empfehlungen also eher etwas skeptisch gegenüber, aber vielleicht gebe ich der Autorin nochmal eine Chance. 🙂
Schön, dass dir die beiden Bücher auf jeden Fall so gut gefallen haben.
Jahaaa, nach unzähligen Anläufen habe ich es endlich mal geschafft. 😉
Dass die Bücher von Jenny Downham nicht jedermanns Sache sind, kann ich mir gut vorstellen. Es sind auch nie die leichtesten Themen, die sie behandelt. Welches Buch von ihr hattest du denn damals gelesen? Alle kenne ich auch noch nicht.
Ich habe damals “Bevor ich sterbe” von ihr gelesen. Ich habe mir gerade nochmal meine Rezension von damals angesehen. Scheinbar war mir die Protagonisten anfangs sehr unsympathisch, obwohl mich das Ende dann doch gepackt hat.
Das hatte ich vermutet. Bei dem Buch war ich damals auch zwiegespalten. Ich mochte es zwar insgesamt, aber in meiner Rezension hatte ich auch angemerkt, dass man mit der Protagonistin und ihrer Art des Erzählens klarkommen muss, weil es nicht das ist, was man von einem »Krebsbuch« erwartet. In den beiden Büchern oben hatte ich den Eindruck so nicht, obwohl Lexi in »Ich war der Lärm, ich war die Kälte« auch nicht die einfachste Protagonistin ist, aber das fand ich sehr passend zum Thema der Geschichte.