Eigentlich bin ich ja so gar kein Messefan. Zu viele Menschen, zu viele Eindrücke. Da bleibe ich lieber zu Hause und genieße es, ganz in Ruhe in einem Buch oder in den Verlagsvorschauen zu stöbern. Trotzdem war ich dieses Jahr auf der Leipziger Buchmesse unterwegs – ganz spontan und relativ ungeplant.
Es ist lange her, dass ich zuletzt in Leipzig und speziell auf der Leipziger Buchmesse war. Quasi um die Ecke kurz hinter der sachsen-anhaltinischen Grenze aufgewachsen, besuchte ich sie zweimal mit meinen Eltern, das dürfte so anno 2005/2006 gewesen sein. Ich war jedenfalls noch ein Teenie und wusste mit der Messe noch weniger anzufangen als heute, obwohl ich schon damals ein Bücherwurm war. In Erinnerung blieben mir vor allem die mit Menschen verstopften Gänge und die schmerzenden Füße am Ende des Tages.
Danach fuhr ich noch zweimal zur Frankfurter Buchmesse, beide Male nur gezwungenermaßen im Rahmen von Ausbildung und Studium. Auch davon behielt ich vor allem zwei Dinge im Gedächtnis: Menschen, Menschen, Menschen und laufen, laufen, laufen. Ihr merkt schon – besonders rosig sind meine Erinnerungen an die Buchmesse nicht. 😉
Dass ich vor zwei Wochen trotzdem wieder einmal nach Leipzig fuhr, ist allein Claudia zu verdanken, einer ehemaligen Buchhändlerkollegin und guten Freundin, die als Ausstellerin auf der Messe unterwegs war. Wir hatten uns schon seit ein paar Jahren nicht mehr gesehen, und weil es für mich von Berlin nach Leipzig nicht viel mehr als ein Katzensprung ist, mussten wir das endlich mal ändern.
Kurzerhand waren also die Zugtickets für Hin- und Rückfahrt und ein Onlineticket für die Messe gekauft. Das war es dann auch schon fast mit der Planung. Am Freitagmorgen ging es bei schönstem Frühlingswetter in Berlin los, und auch die Messe begrüßte mich kurz vor 10 Uhr mit strahlendem Sonnenschein.
Andere Messebesucher waren auch schon reichlich vor Ort. Was ich auf dem Messegelände dagegen nicht hatte, war ein Fünkchen Handyempfang. Weder Telefon noch Internet funktionierten – nicht gerade die beste Voraussetzung, wenn man darauf angewiesen ist, Nachrichten von den Menschen zu empfangen, mit denen man sich treffen möchte. So begann mein Messetag mit der wohl teuersten Investition in Internet seit der Erfindung des Internets. Vermutlich wird das WLAN-Netz in den Messehallen von regenbogenfarbenen Einhörnern in Hamsterrädern betrieben.
Aber gut, einmal die Drehkreuze am Eingang hinter mich gebracht, war das auch schon wieder fast vergessen. Bilder! Eindrücke! Und … Bücher! Dass eine Buchmesse ein Schlaraffenland für Bücherwürmer und Leseratten ist, muss ich euch wohl kaum erzählen. Aber sooo viele Bücher auf einem Haufen sind immer wieder ein Erlebnis.
Als erstes trugen mich meine noch sehr wachen Füße in die Halle der Jugendbuchverlage. Hier stolperte ich zufällig in eine Diskussionsrunde zum Thema »Mutter, Vater, Kind: Brauchen wir mehr Vielfalt in Kinder- und Jugendbüchern?«, die ich sehr spannend fand. Außerdem stattete ich meinen Lieblingsverlagen einen Besuch ab und stöberte in den Neuerscheinungen. Besonders stimmungsvoll: Die Präsentation der Königskinder.
Auch Magellan machte mich neugierig. Nicht nur mit dem übergroßen rotierenden Wal an der Hallendecke, der alle Besucher rundherum gut im Blick hatte. Da mir die Halle mit diversen Schulklassen aber bald zu laut und zu voll wurde, zog es mich bald weiter in Richtung Belletristik. Auch die Ullstein-Eule beäugte alles aufmerksam. Die Buchpräsentation ist für den ordentlichen Bücherwurm zwar eher gewöhnungsbedürftig, aber zu so einem Eulenregal in meinem Bücherzimmer würde ich auch nicht nein sagen. 😉
Anschließend wanderte ich weiter zum einzigen Termin – neben meiner Verabredung am Nachmittag –, den ich fest eingeplant hatte. Am Stand der verschiedenen Studiengänge rund ums Buch nahm die sympathische Moderatorin zusammen mit zwei Fachanwälten und den Bloggern Philip von Book Walk und Lea von Liberiarium viele rechtliche Themen rund um das Buchbloggen unter die Lupe. Das Publikum durfte mit roten und grünen Zettelchen fleißig mitraten und so wurde aus der Veranstaltung eine interessante Gesprächsrunde, bei der ich noch unerwartet viel dazulernen konnte.
Danach brauchte ich erst mal eine Pause vom Zuhören und auch von der stickigen Luft in den Messehallen. Eine ganze Stunde verbrachte ich draußen im Sonnenschein zwischen Cosplayern und Fernsehübertragungswagen und genoss die frische Luft und die frühlingshafte Wärme. Bis mich – ihr ahnt es schon – das fehlende WLAN im Freien wieder in die Hallen scheuchte. Nach dem ›Freigang‹ hatte ich zugegebenermaßen nicht mehr allzu viel Lust, durch die vergleichsweise dunklen Hallen zu wandern. Aber bis zur Verabredung am späten Nachmittag war noch mehr als genug Zeit, und so führte mich ein letzter Weg in die Comic-Halle.
Ich gehöre selber nicht zu den begeisterten Lesern von Mangas und Comics, schaue mir diese Halle der Leipziger Buchmesse aber trotzdem immer gerne an. Nicht zuletzt wegen der Cosplayer, über deren Präsenz auf der Messe in den letzten Wochen mal wieder mehr oder weniger hitzig diskutiert wurde. Meiner Meinung nach eine völlig unnötige Debatte. Sie sind bunt, sie sind lustig und ich bestaune die vielen eindrucksvoll gestalteten Kostüme wirklich gern, auch wenn ich die meisten Figuren selbst nicht kenne. Obwohl mir dieses Mal auffällig viele Pokémon über den Weg gelaufen sind (Pokémon-Go-Nachwehen?) und ein Pärchen in Rika- und Renamon-Kostümen aus Digimon Tamers mich in meine Digimon-Phase mit elf oder zwölf zurückversetzte. Und ja, ich war ein kleines bisschen stolz auf mich, überhaupt irgendeinen Charakter erkannt zu haben. 😉
Ich für meinen Teil weiß nicht, warum manche Menschen die Cosplayer am liebsten von der Leipziger Buchmesse verbannen möchten. Zumal am Freitag ohne sie gefühlt nur noch halb so viele Besucher vor Ort gewesen wären. Es mag natürlich am Wochentag gelegen haben, aber mir kam die Messe leerer vor als in den anderen Jahren, in denen ich dort war. Nicht nur, dass ich mich nie durch irgendeinen überfüllten Gang und Menschentrauben quetschen musste, mir kamen auch die Flächen, die eher dürftig mit vereinzelten Imbissständen und Sitzgelegenheiten aufgefüllt wurden, größer vor als bei meinem letzten Messebesuch. Aber möglicherweise trügen mich hier auch einfach meine Erinnerungen.
Schließlich war es dann aber auch Zeit für meine Verabredung mit Claudia, die mir bei der Gelegenheit auch gleich noch eine Kollegin vorstellte. So entspann sich mit der lieben Dagmar ein wirklich interessantes und amüsantes Gespräch über das Schreiben von SEO-Texten, das leider viiiel zu kurz ausfiel. Kurz nach fünf war es für mich nämlich auch schon wieder Zeit, den Heimweg anzutreten und zum Messebahnhof zu sprinten. Dort endete der Messetag noch mit einem kleinen Schockmoment, weil nirgendwo – wirklich nirgendwo – angeschrieben stand, von welchem Gleis welcher Zug abfuhr. Letzten Endes landete ich nur durch weibliche Intuition (okaaay, vielleicht war auch ein bisschen Glück und Zufall dabei … meinen mangelhaften Geografiekenntnissen war es jedenfalls nicht zu verdanken) im Zug Richtung Berlin und erwischte den wohl einzigen nicht reservierten Sitzplatz.
Wieder zu Hause angekommen, entspannte ich den vor Eindrücken schwirrenden Kopf und die – wie sollte es anders sein – schmerzenden Füße bei einem Bad. Natürlich nicht ohne Lesestoff, den ich mir nach der Rezension von Julia extra für den Weg zur Messe auf den Reader geladen hatte.
Alles in allem war der Besuch auf der Leipziger Buchmesse gar nicht so schlimm wie befürchtet. 😉 Zwar waren die Wege genauso lang wie in den anderen Jahren und alle Veranstaltungen, die ich gerne besucht hätte, fanden ausgerechnet zur selben Zeit statt, sodass ich mich nur für eine entscheiden konnte. Auch eine Horde übereifriger Security-Herren in Halle 5, die eine Frau belagerten, die mit ihrem Handy lediglich ein Foto des Standes gemacht hatte, und eine beginnende Erkältung mit Halsschmerzen hoben meine Laune nicht unbedingt ins Unermessliche. Aber ich verbrachte doch ein paar schöne Stunden und entdeckte einige interessante Bücher und andere Werke in den Messehallen.
Vielleicht – ganz vielleicht – wird mich die Buchmesse also irgendwann noch einmal wiedersehen. Wer weiß.
Sali, Moena.
Messen per se sind für mich keine sonderliche Verlockung nicht; in “jugendlichem” Leichtsinn war ich einmal (!) in Frankfurt, einzig um einige Bloggerinnen zu treffen – ging in den Massen vor Ort unter.
Mea culpa, hatte ich wohl Ähnlichkeiten zu einem SF-Con erwartet; allerdings sind selbst die grossen Cons übersichtlich, weswegen man/frau dort 1/4 der Leute eh persönlich kennt & ein weiteres 1/3 dem Namen nach zumindest. Von daher ein völlig anderer Kosmos.
Leben sind Erfahrungen…Messen muss ich da nicht wiederholen. ?
Nicht das erste Mal, dass ich zur LBM von schlechtem Netz lese…interpretiere ich da richtig, dass Du deswegen für WLAN-Zugang auf der Messe löhnen durftest!?
Make money. ?
Aber auch das sonstige Geschäftsgebaren der Macher soll nicht frei von Anbiederung an den “Geld-Adel” sein (Kleinverlage werden gern ausgekehrt).
Von daher trügt Dich Dein Eindruck einer Leere nicht wirklich.
Das Blaublut-Feuilleton rümpft ja in regelmässigen Abstanden gern Nase & andere Sinnerorgane über Trivialunterhaltung oder Fandom. Ein “Wir-sind-Kultur”-Gestus mit dem Hang zu Überheblichkeiten.
Dazu noch übereifrige Security – die LBM scheint selbst für Buchfans einige Schlaglöcher aufbieten zu können.
Hoffe der Hals schmerzt derweil nicht mehr.
bonté
Hallo RoM!
Schön, dass du meine Messeansichten teilst. Ich sehe ehrlich gesagt auch nicht den größten Sinn darin, mich durch die Messehallen zu schieben, um Bücher oder Programme anzuschauen, die ich auch online oder demnächst in der nächsten Buchhandlung durchstöbern könnte. Klar, man könnte auch mit Menschen reden und Leute treffen – aber ich bekenne mich dazu, eine furchtbar schüchterne Person zu sein, die generell niemanden anspricht, den sie nicht kennt, und manchmal nicht einmal die. Und wenn das Kontakteknüpfen auch wegfällt, tja, wozu ist so eine Messe dann noch zu gebrauchen?
Ja, bis auf ein paar Inselchen mit kostenfreiem WLAN muss man auf der Messe dafür bezahlen. Wahlweise für zwei Stunden oder für einen ganzen Tag, beides unfassbar teuer, aber für mich dann nicht zu vermeiden, sonst hätte ich den ganzen Tag keinen Kontakt mit irgendwem aufnehmen können. Unschön, aber was soll’s. Vielleicht hätte man mit einer Presseakreditierung für Blogger auch WLAN-Zugang bekommen, das weiß ich nicht. Wäre aber allemal sinnvoll.
Das Blaublut-Feuilleton rümpft, so scheint es, generell gern die Nase über alles, was nicht Blaublut-Feuilleton ist. Ich kann darüber nur ratlos die Schultern zucken und lebe nach dem Motto “Leben und leben lassen”. Die Cosplayer sind nicht auf der Messe, um andere zu missionieren, sie haben einfach Spaß und machen ihr Ding. Davon sollten sich die Wir-sind-Kultur-und-niemand-sonst-Eliten vielleicht mal eine Scheibe abschneiden. Vielleicht würde die Messe dann auch wieder belebter und das Feuilleton müsste nicht neidvoll alles andere niederschreiben.
Dem Hals geht’s inzwischen übrigens wieder gut. Dafür ist jetzt der Herr des Hauses erkältet. Männerschnupfen – rette sich, wer kann … 😉
…da wünsche ich dem Burgherren gute Besserung! (*)
Feuilleton hat glücklicherweise auch Vertreter weniger snobistischer Ader zu bieten; ist eben wie im Leben auch.
bonté
(*) japanisches Heilpflanzenöl (im Tee) wirkt da wundervoll
Der Burgherr wird schon wieder, auch ohne japanische Heilpflanzen. 😉
Sicher gibt es auch im Feuilleton die positiven Ausnahmen. Bzw. sind ja meistens diejenigen die Ausnahmen, die sich “daneben benehmen” – die fallen nur leider immer am meisten auf. Das ist in Feuilleton-Kreisen vermutlich nicht anders als in anderen Lebensbereichen.
…ein Nachtrag zu Cosplayern, Kostüm-Machern & Look-a-Likes sei mir noch gestattet. Ein kurzer Beitrag von Alex, der den Star Wars-Con in Orlando besucht, in dem auch besagte Enthusiasten zu Wort kommen:
https://www.youtube.com/watch?v=bzLSOlqwIeg
bonté
Star-Wars-Cosplay habe ich auf der Buchmesse nicht entdeckt, da waren eher Anime und Manga vorherrschend, schätze ich. Aber der Enthusiasmus ist offenbar bei allen ähnlich, egal in welchem »Universum« sie sich bewegen. Wie gesagt, ich schaue mir das »Ergebnis« dieses Enthusiasmus immer sehr gerne an, auch wenn ich mich selber nicht für dieses Hobby begeistern kann. Ich finde es einfach faszinierend, was die Mädels und Jungs da zusammenbringen und wie viel Arbeit und Liebe in den Kostümen steckt. Zumal manche Cosplayer dann ja auch jeden Tag in einem anderen Kostüm zur Messe kommen. Wie viele Stunden die vor der Messe dafür investiert haben müssen! Ich fürchte, da würde mir die Geduld fehlen, mal ganz zu schweigen vom handwerklichen Geschick.
Fein, dass wir uns getroffen haben!
Liebe Grüße
Dagmar
Mich hat es auch sehr gefreut! 🙂
Liebe Grüße
Jasmin