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#Momentaufnahme: Lesestoff to go

Manchmal hat es auch etwas Gutes, wenn zu nächtlicher Stunde aufgrund von Großdemonstrationen und sonstigen Alltäglichkeiten kein Bus kommt und man, um nicht an der Haltestelle zu erfrieren, den Umweg über die U-Bahn nach Hause nimmt. Na gut, etwas Gutes hat so ein Szenario zugegebenermaßen eher selten, aber in diesem Fall machte ich dabei zumindest eine interessante Entdeckung, als ich am U-Bahnhof Alexanderplatz auf die nächste Bahn wartete.

Neben den üblichen Automatenklötzen, die an Bahnhöfen gerne mal mit Snacks oder Getränken locken (und bei deren Anblick ich mich ab und zu frage, wie lange das angebotene Zeug da wohl schon drin liegt), steht hier nämlich ein Automat, bei dem meine Augen spontan zu leuchten angefangen hätten, wären sie dazu an diesem Abend nicht schon viel zu müde gewesen:

Buchverkaufsautomat im U-Bahnhof Berlin AlexanderplatzBuchverkaufsautomat im U-Bahnhof Berlin Alexanderplatz

Lesestoff to go! Ja, ganz genau: Ein Automat, der Süßigkeiten fürs Hirn verkauft statt für die Hüften. Dass es so was geben soll, hatte ich zwar schon gehört, aber gesehen habe ich so einen Verkaufsautomaten hier zum ersten Mal. So was würde ich mir an jedem Bahnsteig der Deutschen Bahn wünschen, wenn es mal wieder heißt: »Der Zug verspätet sich um weitere drölfzig Minuten.« Im Gegensatz zu seinen Lebensmittelähnliches verkaufenden Artgenossen hatte der Lesestoffautomat auch gar kein so schlechtes Angebot:

Ein Blick ins Innere des Buchautomaten

Vom Pixi-Heftchen für den quengelnden Nachwuchs über Streuner Bob bis zu Taschenbuch-Bestsellern wie »Das Schicksal ist ein mieser Verräter« oder »Das Rosie-Projekt« ist einiges vertreten. Auch einen Stadtplan gibt es – was in Berlin, wohin sich doch ab und zu mal der eine oder andere Tourist verirrt, sicher nicht ganz unpraktisch ist. (Ob die den Falk-Plan nach dem ersten Auseinanderfalten dann jemals wieder richtig zusammengefaltet bekommen, steht auf einem anderen Blatt.) Und wenn man gerade spontan den halben Automaten geplündert hat und nun etwas ratlos auf den zu transportierenden Stapel an Neubüchern blickt, spuckt der gute Automat auch dafür die Lösung aus: eine hübsch gefaltete Buchtüte.

Nur mit der Buchpreisbindung nimmt es der liebe Automat nicht ganz so genau.* Die Preise schienen mir fast alle auf den nächsten glatten Betrag aufgerundet worden zu sein. So kostet »Bob und wie er die Welt sieht« am Automaten 9 Euro statt 8,99 Euro, die »5 Dinge, die Sterbende am meisten bereuen« (ein sehr erbaulicher Titel für einen Automaten in einem U-Bahnhof) sind für glatte 10 statt 9,99 Euro zu haben und für ein Pixi-Heft muss ein lesebegeisterter Knirps einen vollen Euro vom Taschengeld locker machen. Aber gut – für den kleinen Lesehunger zwischendurch hat man den einen Cent schon mal übrig. Vor allem, wenn die Alternative »Warten ohne Lesestoff« heißt.

* EDIT: Probieren geht über Studieren – Maike von Bücherhausen hat den Automaten getestet und siehe da: Auf dem vom Automaten ausgespuckten Buch klebt hinten ein Centstück, das den aufgerundeten Preis wieder ausgleicht. So passt es auch wieder mit der Preisbindung.

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Kategorie: Allgemein, Bücher

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Baujahr 1990, mag Bücher und buntes Papier. Schreibt auf papieromanin.de übers Lesen, Leben und Basteln.

17 Kommentare

    • Definitiv! Insbesondere an Bahnsteigen und Bushaltestellen. Die sollten sich einfach manifestieren, sobald auf der digitalen Anzeige aufploppt, dass sich das gewünschte Verkehrsmittel mal wieder um eine halbe Stunde verspätet. DAS wäre doch mal eine innovative Erfindung. 😉

  1. Eine feine Sache, und die Auswahl ist wirklich nicht von schlechten Eltern, soweit ich das sehen kann. Allerdings frage ich mich ernsthaft, wie das mit der Buchpreisbindung zu vereinbaren ist. Ist zwar "nur" ein Cent, aber es ist nun mal vorgeschrieben.
    LG,
    Sam

    • Die Frage habe ich mir auch gestellt. Wäre mal interessant, das zu recherchieren, leider findet man dazu online eher wenig Information. Vielleicht ist der eine Cent auch eine Art Automatengebühr?

    • Ist auf jeden Fall einen Blick wert. Ich hatte an dem Tag leider schon ein Buch in der Tasche, sonst hätte ich den Automaten vielleicht auch gleich mal ausprobiert. 😛

  2. Dia dhuit, Moena.
    Bis dato waren mir Büchertauschregale ein Begriff; der unentgeltliche Knotenpunkt für Leute, die Gelesenes weitergeben und Verschmökertes mitnehmen wollen. Ein gewerblicher Libri-mat ist mir noch nicht untergekommen. 🙂
    Bietet auch als Mitbringsel-Dealer Möglichkeiten. Aus Verlegenheit, oder zur Spontananregung.

    Mich amüsieren beim Kauf von Büchern immer wieder die 98/99-Cent-Beträge, weswegen mir aufgerundeten Preise keinen Kaufschock versetzen. Möchte eh wissen, welcher Narr den Kaufleuten einst den Floh mit der Doktrin "1,99-wird-eher-gekauft-als-2,-" in die Lauscher gesetzt hat… 😉

    bonté

    • Habe ich hier auch zum ersten Mal gesehen. Allerdings hatte ich bisher auch erst eine einzige Begegnung mit einem Tauschregal. 😉

      Einen Schock versetzen mir die runden Preise auch nur insofern, dass sie mit der Buchpreisbindung kollidieren. An sich ist mir der eine Cent auch eher wurscht bzw. wären mir runde Preise sogar lieber, denn dann hätte ich nicht immer so viele einzelne Centstücke im Geldbeutel, die man ja doch nie wieder ausgibt. 😉

    • …Cents haue ich immer gleich wieder raus. Oder laße sie mit einem "stimmt so" garnicht erst rein. 🙂

      bonté

    • Auch eine gute Strategie. Ich sollte mir auch mal eine zulegen. Ich erfreue immer die Kassierer, die bei Zahlung mit größeren Scheinen ahnungslos fragen: »Haben Sie vielleicht noch zehn Cent klein?« 😉

  3. Huhu, ich bin total begeistert und auch ich habe ein helles Leuchten in den Augen!!
    Sowas ist doch mal ne sinnvolle Idee, doch leider wohn ich hier in ner Mini-Stadt, die noch nicht mal ein öffentliches Tauschregal hat. Ist auf jeden Fall eine wirklich tolle Idee und ich glaube, selbst wenn ich da stehen würde und hätte was zum Lesen dabei…. vielleicht könnte ich mir da trotzdem ein schönes neues Schätzchen rauslassen 😀

    Alles Liebe, Nelly

    • Hier in Berlin war das auch das erste Mal, dass ich so einen Automaten gesehen habe. Öffentliche Tauschregale habe ich aber bisher auch noch nicht allzu viele entdeckt. 😉
      Ich glaube, wenn ich schon Lesestoff dabei hätte, würde ich dem Automaten nicht unbedingt verfallen. Aber wenn mir der Lesestoff ausgeht und die Bahn mal wieder auf sich warten lässt … hmm … 😛

  4. Boah, das ist ja cool 😀 Wie schade, dass es sowas bei uns nicht gibt.. Ich hätte ja gerne ein Bücherhäuschen vor meiner Wohnungstüre.. Am besten an der Straße, wo ich meine Bücher reinstelle, die ich nicht mehr brauche oder haben will um dann anderen damit eine Freude zu machen 🙂 Und die können natürlich auch Bücher reinstellen.. Das wär so super 😀

    • Oh ja, so einen öffentlichen Bücherschrank fänd ich hier auch gar nicht schlecht. In Berlin soll es zwar einige geben, aber gesehen habe ich sie bisher nicht. Nur mal einen kleinen, privat aufgestellten, der aussah wie ein Vogelhäuschen mit Büchern drin. 😀

  5. Die Buchpreisbindung wird tatsächlich eingehalten. Ich habe mir gestern ein Pixi gezogen und auf der Rückseite ist der aufgerundete Cent aufgeklebt worden. Es hat also alles seine Richtigkeit. Ich finde die Aktion toll!

    • Lieben Dank für die Ergänzung! Das mit dem aufgeklebten Cent ist ja eine interessante Idee. So stimmt’s dann also tatsächlich auch wieder mit dem Preis. Ich frage mich nur, welche arme Socke die ganzen Centstücke aufkleben musste. 😀

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