Allgemein, Bücher, goldene Eier, Rezensionen
Kommentare 5

[REZENSION] Alan Bennett: »Die souveräne Leserin«


Alan Bennett
Die souveräne Leserin

Originaltitel: The Uncommon Reader
Verlag Klaus Wagenbach
1. Auflage, 2012
Hardcover
Seiten: 115
ISBN: 978-3-8031-1286-6

Inhalt
Eigentlich sind die Hunde an allem schuld. Beim Spaziergang mit der Queen büchsen sie aus, um den allwöchentlich im Palasthof parkenden Bücherbus der Bezirksbibliothek anzukläffen. Ma’am entschuldigt sich bei dem verdutzten Bibliothekar und leiht sich – aus reiner Höflichkeit – ein Buch. Was niemand ahnt (sie selbst am allerwenigsten): Sie kommt auf den Geschmack.
Ab sofort deckt sie sich regelmäßig mit neuem Lesestoff ein und plaudert mit dem Küchenjungen Norman, den sie kurzerhand zu ihrem privaten Angestellten befördert, über Bücher, Autoren und Erlebnisse. Doch dem einen oder anderen Mitglied ihres Hofstaats stößt das neue Hobby der Queen sauer auf – denn Ma’am vernachlässigt darüber nicht nur ihre königlichen Pflichten.Meine Meinung
Dieses Büchlein stand schon seit einigen Jahren auf meiner Wunschliste und schaffte es aus irgendeinem Grund doch nie in den Einkaufskorb. Bis ich plötzlich das Glück hatte, mir ein Buch aus dem Wagenbach Verlag aussuchen zu dürfen – da fiel die Wahl natürlich auf »Die souveräne Leserin«.
Die Aufmachung des Buches allein ist schon etwas besonderes. Die blaue Sonderausgabe zum sechzigsten Thronjubiläum der Queen mit Seideneinband, Titel in Silberprägung und Fadenheftung macht im Regal ganz schön was her. Aber auch der Inhalt kann sich sehen lassen.
Die Queen als Hauptfigur ist an sich schon reichlich skurril. Man erlebt die Monarchin hier aber aus einer ganz anderen Perspektive als man es vielleicht aus dem Fernsehen gewohnt wäre – nämlich ganz privat, weit hinter den dicken Mauern von Windsor. Dabei sind nicht nur ihre geheimsten Gedanken über die verschiedenen Minister amüsant. Auch die Hunde und natürlich die Literatur kommen nicht zu kurz.

Anfangs ist die Queen von Literatur in etwa so begeistert wie von den stundenlangen Gesprächen mit ihren Ministern. Doch da es die Höflichkeit nun einmal gebietet, leiht sie sich im Bücherbus ein Buch. Da das Buch nun auch irgendwann in die Bibliothek zurück muss, wird daraus bald ein zweites und ein drittes und bald trifft man die Queen nie mehr an, ohne dass sie ihre Nase in ein Buch gesteckt hat. Für die Queen, die sämtliche Autoren vorher maximal von Ordensverleihungen oder anderen derartigen Veranstaltungen kannte, ist es eine völlig neue Erfahrung, in die fremden Welten einzutauchen, die ihr die Romane eröffnen. Und diese Erfahrung fasziniert sie so sehr, dass sie darüber ihre Pflichten zu vernachlässigen beginnt. Immer öfter kommt sie zu spät, achtet weniger streng auf ihr Aussehen und auch im Gespräch mit ihren Höflingen geht es immer öfter um Literatur. Klar, dass das nicht allen recht ist und bald versucht wird, der Queen ihr neues Hobby wieder auszutreiben.

Obwohl das Buch nicht gerade von einer spannenden Handlung lebt, wird es beim Lesen auf keiner Seite langweilig. Der Erzähler schildert den Alltag der Queen auf amüsante Weise, sodass sie mir als Hauptfigur sehr schnell ans Herz gewachsen war. Der Schreibstil ist anspruchsvoll, aber trotzdem leicht zu lesen, was dafür sorgt, dass man das schmale, nur 115 Seiten starke Büchlein sehr schnell ausgelesen hat.
Fazit
Ein etwas anderes Buch über die Liebe zur Literatur und was sie mit einem anstellen kann.

Teile diesen Beitrag:

5 Kommentare

  1. Das Buch habe ich vor einigen Jahren auch gelesen und habe es nach wie vor in guter Erinnerung. Deine Rezi finde ich sehr schön und treffend.

    Liebe Grüße,
    Jai

    • Danke dir. Ist ja schön, wenn man selbst mit ein paar Jahren Unterschied auf dasselbe Ergebnis kommt. 🙂

    • Das stimmt 🙂
      Ich glaube, ich muss das demnächst auch noch mal lesen, denn seit ich heute Mittag deine Rezi gelesen habe, schwirrt es mir im Kopf herum.

    • Oh, das freut mich jetzt, hihi. Und es ist ja zum Glück eins der Bücher, die man immer wieder lesen kann. 🙂

  2. Hallo Moena.
    Amüsierender Gedanke. Das gestrenge Oberhaupt der Windsors ganz ohne Protokol. Immerhin wird kolportiert, daß ihre Hoheit lediglich Staatspapiere lesen würde. Subversiv die Vorstellung, daß sie sich bei "The hitchhiker's guide to the galaxy" kringeln würde.
    "We are amused!", sozusagen.

    bonté

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert