
Please don’t hate me
Originaltitel: Please ignore Vera Dietz
Arena
1. Auflage, Mai 2012
Broschiert
Seiten: 381
ISBN: 978-3-401-50384-4
Inhalt
Stellt euch vor, dass euer bester Freund stirbt. Fühlt ihr euch da einsam und verlassen? Und wie fühlt ihr euch, wenn er euch zuerst verrät und danach stirbt?
So geht es der achtzehnjährigen Vera. Ihren besten Freund Charlie kannte sie, seit sie vier Jahre alt war. Seitdem waren die beiden unzertrennlich. Doch plötzlich ändert sich alles: Plötzlich verbreitet Charlie böse Gerüchte und plaudert Veras größtes Geheimnis aus. Plötzlich steht das Tierheim in Flammen, in dem Vera so gern ausgeholfen hat. Plötzlich ist Charlie tot. Und Vera ist die Einzige, die erzählen kann, was wirklich passiert ist.
Meine Meinung
Dieses Buch fiel mir eher zufällig beim Buchhandlungsbummel in die Hände. Der Klappentext klang interessant und ich hatte mir davon eine leichte Urlaubslektüre für zwischendurch versprochen. Nun, genau das ist dieses Buch auch. – Viel mehr allerdings nicht.
»Ist es schlimm, dass ich einen Typen hasse, der tot ist?
Auch wenn ich ihn früher geliebt habe?
Auch wenn er mein bester Freund war?
Ist es schlimm, jemanden dafür zu hassen, dass er gestorben ist?«
Vera Dietz ist eigentlich ein recht normales Mädchen. Sie geht zur Schule, arbeitet nebenher als Pizzabotin und ist stets darum bemüht, nicht mehr aufzufallen als nötig. Statt einer Mutter besitzt sie seit ihrem zwölften Lebensjahr ein Sparkonto mit inzwischen 337 Dollar. Ihrem Vater sind Geld und Verantwortungsgefühl wichtiger als alles andere, während er seine Tochter krampfhaft davon abzuhalten versucht, dieselben Fehler zu machen wie er. Deshalb vergräbt er sich in Selbsthilfebücher und trauert der verlorenen Liebe hinterher, die ihn und die gemeinsame Tochter vor sechs Jahren sitzen ließ. Dabei verschließt er die Augen vor den Problemen der anderen – nicht nur vor denen seiner Tochter Vera. Auch dass der liebe Nachbar seine Frau verprügelt, wird lieber totgeschwiegen. Nachbarssohn Charlie schlägt unterdessen eine Alkohol- und Drogenkarriere ein und zerstört damit nicht nur die Freundschaft, die ihn und Vera so lange verband.
Die Geschichte wird größtenteils von Vera selbst erzählt. Die kurzen Kapitel sind schnell zu lesen und der Schreibstil leicht verständlich und passend zu Veras Charakter. Dabei beginnt die Erzählung gleich mit Charlies Beerdigung. Als Leser weiß man an dieser Stelle noch gar nichts über die Geschehnisse, die zu Charlies Tod führten, da sie erst nach und nach mehr oder weniger aufgeklärt werden. Vera wechselt dafür zwischen den gegenwärtigen Ereignissen – meist beschäftigen sich die Kapitel mit ihrer Arbeit beim Pizzaservice – und ihren Erinnerungen an Erlebnisse mit Charlie. Auch die Beziehung zu ihrem Vater, der über die Trennung von Veras Mutter noch immer nicht hinweg ist, spielt eine große Rolle.

Ab und zu kommen auch andere Personen zu Wort, wie etwa Veras Vater Ken, der hin und wieder eins seiner »Überlebensdiagramme« beisteuert, oder der tote Charlie, den Vera immer wieder vor sich sieht. Ob es sich dabei um Halluzinationen handelt oder ob Charlies Geist tatsächlich da ist, wird nicht gesagt. Die Kapitel, in denen Charlie selbst spricht, sind mit der Überschrift »Hier spricht der tote Typ« überschrieben, was ich dann doch etwas albern fand, ebenso wie die Kapitel, in denen Pagoda – ein alter Turm, der ebenfalls eine Rolle in der Geschichte spielt – sich über Umweltvorschriften und ähnliches auslässt. Spätestens an dieser Stelle konnte ich das Buch leider nicht mehr ernst nehmen.
Lange Zeit wird man als Leser im Ungewissen gelassen, was Charlies Tod angeht. Man erfährt zwar durch Vera so einiges über ihn und ein paar zusammenhanglose Erlebnisse, welche die beiden zusammen hatten, aber wirklich interessant sind diese Dinge nicht. Die Entwicklungen, die dazu führten, dass Vera Charlie zu hassen beginnt, erinnern an normale Teenie-Streitereien und sind kaum etwas Besonderes. Erst im letzten Teil des Buches kommt man der Wahrheit langsam näher. Man erfährt, was in der Nacht passierte, als Charlie starb – aber dafür, dass man so lange darauf warten musste, empfand ich die Auflösung nicht gerade als großartigen Paukenschlag.
Allgemein entsteht beim Lesen keine richtige Spannung. Die Geschichte plätschert vor sich hin und durch das Hin- und Herspringen zwischen den einzelnen Erlebnissen baut sich kein echter Spannungsbogen auf. In den Kapiteln, in denen Charlie aus dem Jenseits reden darf, erscheint er sehr wehleidig, was für mich nicht zu dem Bild passte, das Vera in ihren Erzählungen von ihm malt. Auch Veras Vater versinkt ständig im Selbstmitleid. Vera dagegen ist oft zynisch, aber weder von ihrem angeblichen Hass auf Charlie noch von ihrer Liebe zu ihm – beides im Klappentext erwähnt – war wenig zu spüren. Zwar taucht der Satz »Bitte hasse mich nicht« einmal im Buch auf, aber das reicht mir als Erklärung einfach nicht aus. (Zumal ich mich frage, warum man dem Buch einen englischen Titel geben musste, aber das nur am Rande.) Alles in allem begleitet das Buch eine albern-seichte Atmosphäre, die dem Thema nicht gerecht wird.
Am Ende ist man als Leser nicht viel schlauer als vorher. Zwar werden die Geschehnisse in der Nacht von Charlies Tod aufgeklärt, doch warum und wie Charlie wirklich sterben musste, bleibt unklar. Das Ende empfand ich als vorhersehbar und etwas zu kitschig, was die Beziehung zwischen Vera und ihrem Vater angeht. Die große Überraschung am Ende fehlte.
Fazit
Ein nettes Buch für zwischendurch, das sich leicht und locker lesen lässt. Nicht langweilig, aber auch nicht besonders spannend.
Schreibt man "zwischendurch" echt groß?
Öhm … nö. 😉
Hihi, ach so. Ich dachte, das wäre wieder irgendeine krude Regel, von der ich bisher nichts wusste.
Dass ich's am Anfang einmal klein und am Ende groß geschrieben hatte, hätte dir aber schon zu denken geben können. 😉
Pfff. Denkst du, ich weiß am Ende noch genau, was am Anfang stand? 😉
Jemand, der immer darauf achtet, die Enden seiner Texte wieder mit dem Anfang zu verknüpfen, sollte das wissen, jap. 😉
Ja, meiner eigenen Texte. Das macht den Unterschied. 😉
Wenn das aber jeder nur bei seinen eigenen Texten wüsste, würde das wenig Sinn machen … 😛
Pfff. Ach Mensch, ich darf doch wohl mal was vergessen. 😛
Weil du das sonst natürlich nie tust. 😀
Du drückst so ziemlich genau das aus, was ich beim Lesen auch immer gedacht habe. Die Auflösung fand ich ebenfalls zu wenig spektakulär und gelangweilt habe ich mich immer wieder ziemlich heftig. Und das mit den Kapiteln aus der Sicht des "toten Typens" fand ich auch reichlich unangebracht.
Schöne Rezension, kann vollkommen zustimmen 😉
Danke. 🙂 Ich bin ja immer beruhigt, wenn bei einer nicht so umwerfenden Rezension jemand sagt "Genau das dachte ich auch!" – weil ich dann weiß, dass es nicht nur mir so ging. 😉
Gelangweilt habe ich mich nicht mal, dafür war das Buch zu dünn. Aber wirklich interessant ist die Geschichte echt nicht, vor allem wegen dem Ende, wie du schon sagst. Und die Kapitel vom "toten Typen" gingen ja noch irgendwie. Aber die Kapitel aus Sicht von Pagoda … nee, die waren mir wirklich zu albern.
Ich hab mir irgendwie auch ein wenig mehr von dem Buch erwartet.. dennoch schockierend, wie wahr es ist. wie schnell es geht, dass man jemanden hasst, den man früher geliebt hat und obwohl man ihn hasst, nicht aufhören kann ihn zu vermissen. Die Moral von dem ganzen fand ich dennoch schön.. aber du hast recht, die Umsetzung hat viel vom Potenzial der Idee links liegen lassen ^^
Tolle Rezension (: Schick dir ganz viele liebe Grüße 😀
Danke, die Rezension freut sich über das Lob. 😀
Die Moral hätte schön und lehrreich sein können, ja, aber ich fand, dass die Aussage zwischen den doch recht gewöhnlichen Teenager-Alltagsproblemen verloren geht. Der Hass kam gar nicht wirklich bei mir an und warum Charlie nun sterben musste, weiß man am Ende ja immer noch nicht. Von daher hatte das Buch recht wenig Wirkung auf mich.
Noch viel mehr liebe Grüße zurück! 😛