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[REZENSION] Marie-Sabine Roger: »Der Poet der kleinen Dinge«


Marie-Sabine Roger
Der Poet der kleinen Dinge

Originaltitel: Vivement l’ avenir
Hoffmann und Campe
1. Auflage, Oktober 2011
Hardcover
Seiten: 238
ISBN: 978-3-455-40095-3

Inhalt
Manchmal braucht es nicht viel, um ein ganzes Leben zu verändern.

Ein verschlafenes Nest in der Normandie:
Warum es die dreißigjährige Alex hierher verschlagen hat, weiß sie selbst am wenigsten. Aber sie hat ohnehin nicht vor, lange an einem Ort zu bleiben. – Wäre da nicht Gérard, den sie Roswell nennt, weil er sie an einen Außerirdischen erinnert.
Alex hat sofort einen Narren an ihm gefressen, als sie bei seinem Bruder und dessen Frau zur Untermiete einzieht. Schwägerin Marlène will den Behinderten am liebsten aussetzen, doch Alex setzt alles daran, den herzlosen Plan zu durchkreuzen.
Als Alex Gérard in einem selbstgebauten fahrbaren Untersatz mit zum Kanal nimmt, begegnen die beiden dort einem nicht weniger seltsamen Paar: Olivier, dem Bierdosenweitwerfer, und seinem melancholischen Kumpel Cédric.
Niemand von ihnen ahnt, dass ein denkwürdiges Abenteuer auf sie wartet – eine Reise durch die Höhen und Tiefen des Lebens, welche die vier Außenseiter für immer zusammenschmieden wird.
Meine Meinung
Nachdem Marie-Sabine Rogers Roman »Das Labyrinth der Wörter« zu meinen absoluten Lieblingsbüchern zählt, musste ich mir das neue Buch der Autorin unbedingt kaufen. Dabei war mir von vornherein klar, dass es der Roman schwer haben würde, seinem Vorgänger das Wasser zu reichen – den Vergleich muss sich das Buch zwangsläufig aber trotzdem gefallen lassen.

Zunächst kommt das Buch ähnlich unscheinbar daher wie sein Vorgänger. Wieder ein weißes Cover mit kleinen Zeichnungen, wieder ein Titel, der mich anspricht und neugierig macht.
Und auch sonst kann man schnell einige Ähnlichkeiten zum Labyrinth der Wörter entdecken – zum Beispiel den scheinbar dummen, ungebildeten Hauptcharakter, der mit einfachsten Worten und Taten zu bezaubern weiß.

Gérard ist verrückt nach Popcorn, trägt Gedichte vor, die niemand versteht, und er lacht sich kaputt, ohne zu wissen warum. Niemand kann etwas mit dem Behinderten anfangen – weder sein Bruder Bertrand, der ihn sozusagen »geerbt« hat, noch dessen Frau Marlène, die ihn am liebsten aussetzen würde. Nur Alex findet schnell Gefallen an dem schrägen Poeten, eine Herumtreiberin, die auch nach ihren dreißig Lebensjahren nirgendwo lange zu Hause ist und von Kurzzeitjobs lebt.

Alex ist eine der beiden Ich-Erzähler, von denen man als Leser durch die Geschichte geführt wird. So beginnt der Roman mit einem direkten Einstieg und ohne weitere Erklärungen mit dem Einzug von Alex ins Haus der Familie. Es schadet bei diesem Buch nicht, vorher den Klappentext gelesen zu haben, damit man sich auf den ersten Seiten nicht ganz so verloren fühlt.
Trotzdem brachte mich auch hier Marie-Sabine Rogers lockerer und erfrischender Schreibstil regelmäßig zum Schmunzeln.

Der zweite Ich-Erzähler ist der 28-jährige Cédric, der ebenso wie Alex noch nach sich selbst und seinem Platz in der Welt sucht. Er verbringt seine Tage mit Olivier, den er seines Nachnamens wegen den »Zackenbarsch« nennt und der, wenn er nicht gerade im Laden seiner Eltern arbeitet, damit beschäftigt ist, einen Staudamm aus leeren Bierdosen zu errichten.
Leider war für mich der Perspektivenwechsel von Alex zu Cédric nicht beim ersten Mal zu erkennen. Da beide aus der Ich-Perspektive erzählen, fällt der Unterschied beim Lesen kaum auf, sodass es gut gewesen wäre, das Ganze in der Überschrift anzukündigen oder Ähnliches. So wunderte ich mich zwar über den einen oder anderen Zusammenhang, den ich mit Alex nicht gleich in Verbindung bringen konnte, stellte aber erst beim zweiten Wechsel fest, dass es sich um einen zweiten Erzähler handelt.

Trotz vieler Ähnlichkeiten konnte mich das Buch nicht so schnell so sehr begeistern wie das Labyrinth der Wörter. »Der Poet der kleinen Dinge« ist ein sehr ruhiges Buch. Die Handlung plätschert ebenso dahin wie der Kanal, an dem Alex und Gérard spazieren gehen. Es passiert nicht viel, beziehungsweise nichts Großes. – Ein Roman der kleinen Dinge eben.
Die Hauptfiguren sind dabei aber von Anfang an sympathisch und ich könnte nicht sagen, welcher der vier mein Lieblingscharakter ist. Jeder von ihnen hat seine eigenen liebenswerten Macken und Eigenschaften. Und am Ende haben nicht nur vier völlig fremde Menschen zueinander gefunden, sondern auch Gérard ein Zuhause und eine Familie, bei der er wertgeschätzt und geliebt wird.
Fazit
Ein weiterer gelungener Roman von Marie-Sabine Roger, der an »Das Labyrinth der Wörter« allerdings nicht heranreicht.

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5 Kommentare

    • Das hatte ich schon gelesen, als ich bei dir war. 😉 Deshalb hat der Schutzumschlag auch etwas gelitten in der Reisetasche, wie man sieht.
      Ich schreibe meistens mehrere Rezensionen auf einmal und hebe die dann auf. Ich hab auch noch eine rumfliegen vom Sommer … 😛

    • Fleißig? Eigentlich überhaupt nicht. Im Moment schiebe ich das rezensieren mal wieder vor mir her. Aber dafür kommt momentan auch kein neues Buch dazu, weil ich derzeit das von MysticRose auf MyStorys lese und das kann ich ja schlecht rezensieren. 😀

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